Dienstag, 15. September 2009

Norwegen - Tag 2

Samstag, 18. Juli 2009


Guten Morgen! Es hat geregnet, wie schön. Die gewaschenen Sachen sind natürlich so nicht getrocknet. Wir packen trotzdem, die nassen Handtücher hängen wir über die Rucksäcke zum Trocknen. Nach einem Stulle-mit-Salami Frühstück brechen wir auf. Auf unserem Plan steht heut Tuva, eine Strecke von ca. 20km liegt also vor uns. Wir müssen zuerst Richtung Tuftebrui und dann nach Ustetind und von dort aus nach Tuva. Die Sonne hält sich heute ziemlich bedeckt, aber so ist es wenigstens nicht so warm. Wir begeben uns auf einen Wanderweg Richtung Tuftebrui. Naja, Wanderweg, das ist relativ. Schon auf den ersten 4km überqueren wir Bäche, hopsen über Steine, stapfen durch Sumpf und schlittern über glitschige Holzplanken. Alles mit den Rucksäcken. Irgendwann gelangen wir an eine mit Gatter geschlossene Brücke und den ersten Wegweiser des Tages. Dieser sagt uns, dass wir nicht über die Brücke sollen, sondern dass der Weg nach Tuva bergauf führt. Geschafft vom ersten Wegstück machen wir eine Pause, in der wir die ersten Blaubeeren finden. Dann geht`s an den Aufstieg. Was für ein Aufstieg! Teilweise müssen wir uns echt an Bäumen festhalten, oder auf dem Weg abstützen um weiter nach oben zu kommen. Ziemlich mühselig und langsam. Nach nur knapp 2km machen wir Mittagspause, inzwischen befinden wir uns auf Höhe der Baumgrenze. Der Ausblick von hier entschädigt aber für den Aufstieg, wir sehen unseren Zeltplatz vom Vortag, den See und Geilo am anderen Ufer.









Inzwischen sind wir auch so hoch, dass die Blaubeeren alle grün sind. Schade. Nachdem wir unsere Salamistullen verspeist haben, geht es weiter aufwärts, schließlich sind wir ja noch nicht hoch genug. Unterwegs sehen wir einen Habichtskauz und Pferdeäpfel. In Geilo gibt es jemanden, der mit Touristen Touren in die Hardangervidda unternimmt. Seine Pferde müssen alle mit Bergziegen gekreuzt sein, um diese Wege hier hochzukommen und dabei noch einen Reiter zu schleppen. Erst denke ich an die kleinen robusten Norwegerponys, sehe aber später auf einem Bild, dass der Mann ganz normale Warmblüter hat. Tja, Übung macht wohl den Meister. Ich glaube Amhara (das Pferdi) würde mir einen Vogel zeigen, wenn ich so einen Berg mit ihr hinaufklettern wollte.
Der Weg, den wir jetzt gehen, ist in unregelmäßigen Abständen mit einem roten T gekennzeichnet. Leider sehr unregelmäßig, denken wir uns. An einer Weggabelung wissen wir nicht weiter, die ist auch auf unserer Karte nicht verzeichnet. Also gehen wir rechts und landen in Rehland. Überall auf dem Weg liegt Rehscheiße und es sind Rehspuren zu sehen. Wir müssten hier über umgestürzte Bäume klettern. Am Ende des Weges stehen wir auf einer Wiese mit einigen Hütten. Nochmal grübeln wir über der Karte und entscheiden, dass das “Hytten” sein muss, mitten im Nirgendwo und eindeutig nicht auf unserem Weg. Verdammt. Jetzt fängt es auch an zu nieseln, toll. Wir gehen also zurück zur Weggabelung und wählen jetzt den anderen Weg. Nach wenigen Metern dann: ein rotes T, kurz danach noch eins. Ok, Lektion gelernt: wenn man nicht weiter weiß, geht man ein kleines Stück in jede Richtung und sucht nach Markierungen, denn solche Exkursionen kosten Zeit. Auf dem richtigen Weg begegnen uns dann auch einige Leute, die nach Geilo wollen. Jan spricht natürlich jeden an und so werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass es heute nicht mehr bis Tuva zu schaffen ist. Aber Ustetind liegt ja auch noch auf dem Weg. Die Landschaft ist immer noch großartig, aber irgendwie ziemlich kahl ohne die gewohnten Bäume. Sehr schroff, überall Wasser, Flechten und Moos.

Irgendwo auf der Hardangervidda, mit einem doofen Blick :)

Es hört jetzt auch auf langsam zu regnen und wir packen uns in die Regensachen. Jan bekommt den Überzieher von meinem Rucksack für sein Gepäck und mein Rucksack kommt mit unter mein Poncho. Natürlich geht es immer noch bergauf. Nach einiger Zeit in der meine Laune immer schlechter wird (irgendwie kommen wir nirgendwo an, aber der Weg ist der richtige), sind wir beide schon ziemlich nass. In meinen Schuhen schwappt das Wasser, der Poncho leitet das Wasser super auf die Hose weiter und um ja keine Stelle auszulassen wird diese auch noch von unten von den Büschen nass. Schön, ich fühle mich sauwohl, mir ist kalt, ich will nicht mehr laufen, die Aussicht hat sich hinterm Nebel versteckt und alles ist doof.

Jan ist da optimistischer, er läuft einfach weiter und versucht nebenbei mich Quengel aufzumuntern.
Wir stecken jetzt mitten in einer Wolke auf knapp 1400 Metern über NN. Vor uns bimmeln Glocken: Schafe! Ziemlich viele sogar, die kommen uns aber nicht sehr nahe, sondern laufen eher weg. Jetzt wird es auch noch windig, ziemlich kräftig. Der Poncho hat gegen die Wassermassen aufgegeben und auch Jans Regenjacke und Schuhe sind alles andere als trocken. Achso, Schnee lag auch auf dem Weg, kann ja nur noch besser werden. Dann sehen wir Hütten. Wir haben es geschafft, wir sind in Ustetind! Aber Moment… wo sind die Leute? Wir sehen drei Hütten, 2 größere und eine die aussieht wie ein Speicher. Das ist für die Norweger also ein nennenswerter Ort, den man in eine Karte einzeichnen kann? Toll, ich hab mich schon auf was Warmes gefreut. Wir stellen die Rucksäcke im Windschatten einer Hütte auf den Boden (nass ist eh alles) und machen eine Erkundungstour. Nichts. Keine Leute. Alles verriegelt und verrammelt. Aber Wasser gibt es in der Nähe, also bleiben wir (als wenn ich noch einen Meter gegangen wäre). Neben einer Hütte bauen wir unser Zelt auf, jetzt ist uns jede Entfernungsregel egal, hier ist es wenigstens ein wenig windstiller. Der Zeltaufbau ist eine Herausforderung. Ich werfe mich sobald das Zelt hochgezogen ist halb darauf, um es am Wegfliegen zu hindern, während Jan es im Boden verankert. Als die Flugversuche eingedämmt sind, krabbele ich ins Zelt und hänge das Innenzelt ein. Gar nicht so einfach mit fast tauben Fingern. Schließlich steht das Zelt, die Rucksäcke sind drin und wir ebenso. Wir ziehen nur noch die nassen Klamotten aus und trockene an und begutachten den Schaden: Einmal Anziehsachen komplett nass, Jan & Sine- Kooperation kurz vorm Erfrieren, Innenleben von den Rucksäcken zum Glück trocken, was mein Poncho nicht hielt, hielt die Imprägnierung des Rucksacks. Aber wir haben beide kaputte Füße, Jan am Hacken, ich an den Zehen. Die nassen Schuhe haben die Haut so aufgeweicht, dass das leichteste Rubbeln der Schuhe gereicht hat, um alles aufzureiben. Wir verarzten uns noch eben und krabbeln dann in die Schlafsäcke und liegen nur noch da um wieder warm zu werden. Wir haben beide keine Energie und keine Lust mehr, um noch etwas zu kochen, also versuchen wir zu schlafen. Aber die ganze Zeit rüttelt das Zelt über uns, so dass es für mich eine unruhige Nacht wird...

Der großartige Blick von unserem Schlafplatz:

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