Dienstag, 15. September 2009

Norwegen - Tag 3

Sonntag, 19. Juli 2009

Bäh, aufstehen. Es ist kalt draußen, aber es regnet nicht mehr und der Wind hat die Wolken beiseite geschoben und ist dann selbst gleich mitgegangen. Also stolpere ich morgens in eine wunderschöne Landschaft, die ersten Wanderer sind auch schon da. Wir lassen es heute langsam angehen und kochen erstmal Frühstück, schließlich gab es abends nichts mehr. Muskelkater hab ich! Sonst geht es mir aber gut, ich hab ja mit einer Erkältung gerechnet. Nach dem Frühstück ruhen wir beide noch eine Stunde.



Die schlimmste Hürde des Tages kommt gleich danach: die Sachen sind nicht trocken und wir haben jeder nur eine Hose bei (bzw. ich noch eine zum Schlafen, viel zu dünn zum Laufen). Also rein in die nassen Sachen, schön, so wird man auch gleich wach. Schnell bauen wir das Zelt ab (klappt jetzt schon gut als Team) und schleichen los, obwohl es bergab geht. Ustetind war der höchste Punkt unserer Route, das ist die erfreuliche Nachricht. Nach nur 500m treffen wir auf zwei Damen mit Hündin. Da diese verrückt spielt, fragt uns die eine, ob der Hund uns begrüßen dürfe. Klar. Wir kommen mit den beiden ins Gespräch, sie sind aus Bergen. Die eine heißt Kjerstin und ist total begeistert, dass wir als Deutsche Norwegisch sprechen. Sie erzählt uns von ihren Kindern (Eirik, 19 und eine Tochter, 17) und wir ihr von unserer netten nassen Nacht. Sie gibt uns ihre Handynummer. Wenn wir in Bergen sind, sollen wir uns melden, dann dürfen wir bei ihr Sachen waschen und trocknen, oder mal duschen. Toll! So nette Leute trifft man nicht alle Tage. Nach Tuva sei es auch nicht mehr weit, verspricht uns Kjerstin. Wir stapfen weiter. Die Höhenluft muss auf mich Flachlandindianer wohl nicht nur körperliche (schnell außer Puste) sondern auch geistige Auswirkungen haben. Denn als ich Jan mitteilen will, dass mein vielgepriesenes Multifunktionstuch nicht für die Bedeckung der Halspartie geeignet ist (da zu weit), gelingt mir eine sprachliche Glanzleistung. Das in der schönsten uckermärkisch-rotzigen (UNSOUND-Thomas hätte sich gefreut) Ausdrucksweise vorgetragene „Für‘n Hals is‘ für‘n Arsch“ zwingt meinen Reisepartner zu einem ungeplanten Stopp in der Wanderung. Er hat vor Lachen einfach nicht mehr genug Luft zum Weiterlaufen. Dass er sich nicht auch noch auf dem Boden kugelt liegt wohl eher an den über 20kg auf seinen Schultern, weniger an der Höflichkeit. Ich ahne schon, das wird ein Running-Gag auf meine Kosten...
Weiter geht's!
An einem Bach machen wir halt und waschen den Topf ab.

Auf dem Weg sehen wir viele Berghänflinge und einen Moorfrosch. Schließlich kommen wir an einen kleinen Fluss, der durch den starken Regen so etwas wie Hochwasser führt und daher sind die Steine zum Hinüberklettern total unter Wasser. Wat nu? Schuhe aus und Badelatschen an? Nicht so toll, also suchen wir einen anderen Überweg. Ein weiterer Wanderer stößt zu uns, den Jan mit “Heihei, er du norsk?” (bist du Norweger?) begrüßt. Der Wanderer antwortet “Ich verstehe kein Norwegisch. English?”. Wir lachen bloß und versichern ihm , dass Deutsch uns auch am liebsten wäre. Zusammen suchen wir nach einem Überweg. Bernd (so heißt der Wanderer, aus Hamburg) findet eine geeignete Stelle und setzt über. Er wirft uns dann seine Wanderstöcke zu, denn einige Steine der “Brücke” wackeln ganz schön. Nacheinander stehen wir alle dann auf der anderen Seite und Bernd macht sich alleine weiter auf den Weg. Er läuft eh schneller als wir, also ist getrennt laufen bequemer. Auf dem weiteren Weg müssen wir einige böse Moorlöcher durchqueren oder umgehen. Manche Stellen sind echt tückisch, man sieht nicht wo der Boden fest ist. Aber dann: Tuva ist in Sicht!

In Tuva gesellen wir uns zu Bernd an einen Tisch und gehen in die Haupthütte um uns einzumieten und was essbares aufzutreiben. Jan stellt uns wieder als Deutsche vor, die aber gern norwegisch sprechen wollen und so spricht die nette Frau hinter der Theke (wir haben sie Tante Emmi getauft) sehr verständliches Norwegisch. Als Jan einmal verschwindet fragt sie mich, ob wir etwas haben. Was, das hab ich nicht verstanden. Sie wiederholt, ich glaub ich schau immer noch wie eine Kuh wenn es donnert. “Schlafsack!”, trötet sie mir dann entgegen. Achsoooo! Klar, haben wir. Sie spricht also auch Deutsch, zumindest sicherlich das nötigste. Nachdem wir uns also im Schlafsaal eingemietet und Frühstück bestellt haben, gibt es erstmal eine Kleinigkeit zu essen. Kjøttboller (Fleischklopse) in sehr salziger Brühe, das tut gut. Danach inspizieren wir den Schlafsaal und packen die Sachen aus. Ich gehe jetzt erstmal duschen und Sachen waschen. Einen Trockenraum soll es hier auch geben. Die Dusche ist zwar nicht so der Knaller (Wasser ist eher kalt als warm), aber beim Waschbecken kommt heißes Wasser und so kann ich wenigstens meine Sachen waschen. Der Trockenraum ist auch der Wahnsinn! Ein Gebläse pustet Unmengen heißer Luft in den kleinen Raum, es sind gefühlte 30°. Als alle meine Sachen auf der Leine hängen, ist immer noch Platz. Auch Jan ist inzwischen duschen gewesen und hängt seine Sachen auf. Da muss doch noch was gehen. Die Schuhe und mein Schlafsack kommen auch in den Raum. Tante Emmi erlaubt uns, auch das Zelt aufzuhängen. Wunderbar. Langsam bekommen wir aber Hunger, wir hätten doch Middag bestellen sollen. Mal sehen, ob es noch etwas gibt. Als wir uns auf den Weg zum Speiseraum machen, gesellt sich der Mann von Tante Emmi zu uns und fragt im schönsten Berlinerisch: “Wo kommt’n ihr her aus Deutschland?”. Soweit also dazu, sie können beide Deutsch und zwar richtig gut. Er scheint Deutscher zu sein, so einen Dialekt lernt man nicht so einfach. Middag bekommen wir tatsächlich noch, wir müssen nur eine Weile warten. In der Zeit unterhält sich Tante Emmi mit uns und lobt unsere gute Aussprache. Mensch, da sind wir aber stolz. Zum Middag sitzen wir mit 3 Bergensern am Tisch und lassen uns die Lachslasagne mit Reis und Gemüse schmecken. Hinterher gibt es Rhabarberkompott mit Vanillesoße und den obligatorischen Kaffee. Danach geht es auch bald ins Bett, bzw. auf die Matratze. Ich kann mal wieder nicht gut schlafen, ich glaube die Höhe macht mich wirklich ziemlich fertig. Von Ruhepuls ist hier nicht so die Rede.

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